Siegforschung verhindern!

Wir dokumentieren hier den Aufruf und eine Erläuterung dazu

Im Januar 2024 veröffentlichte die EU-Kommission ein “ Weißbuch„, in dem besondere Anstrengungen zur Förderung der Forschung mit zivilen und militärischen Zielen (Forschung mit dual use) gefördert werden. In ähnlicher Weise veröffentlichte das deutsche Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im März 2024 ein “ Positionspapier„, in dem die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Forschungseinrichtungen und die Schaffung von „Finanzierungsanreizen für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen ziviler und militärischer Forschung“ gefordert wurde. In ihrem   Jahresbericht für 2024 schlug die deutsche Expertenkommission „Forschung und Innovation“ vor, die vorherige Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung aufzulösen.

Diese Neuorientierung steht im grundlegenden Widerspruch zum Geist der zivilen Forschung nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs: Das   Science Council von Japan erklärte 1950, „sich niemals für Kriegszwecke in der wissenschaftlichen Forschung zu engagieren“. Am internationalen Forschungszentrum CERN, wo das Higgs-Boson 2012 gefunden wurde, fordert die   Satzung von 1954 ausdrücklich, dass es “keine Forschung für militärische Anforderungen geben darf“, und am Helmholtz-Forschungszentrum DESY in Deutschland legen die   Leitlinien fest, die „Forschung dient zivilen und friedlichen Zwecken“. Darüber hinaus haben viele Universitäten sogenannte Zivilklauseln verabschiedet, um ihre Forschung und Lehre freiwillig auf rein zivile und friedliche Zwecke zu fokussieren.

Bei DESY hat das Direktorium kürzlich eine   Diskussion gestartet, ob die Beschränkung der Forschung auf zivile und friedliche Zwecke noch angemessen ist oder ob militärische Forschung im Labor erlaubt sein sollte.

Zusätzlich zu den tiefen ethischen Auswirkungen, die durch die Öffnung ziviler Forschungszentren und Universitäten für militärische Zwecke aufgeworfen werden, hätte diese Entwicklung Auswirkungen:

  • o  durch die Umleitung finanzieller und intellektueller Ressourcen aus grundlagen- und friedensorientierter Forschung;
  • o  auf die friedensbildende Mission der Wissenschaft und Wissenschaftsdiplomatie;
  • o  auf gravierende Art auf die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit;
  • o  auf die Publikationspflicht von allen wissenschaftlichen Ergebnissen;
    auf gravierende Art auf die Ausbildungskultur an Forschungszentren und Universitäten für junge Studierende und Auszubildende;
  • o  auf Zugangserlaubnis und Sicherheitsmaßnahmen in Instituten, insbesondere für internationale Besucher, und den Ausschluss von Wissenschaftlern aus bestimmten („unfreundlichen“) Ländern;
  • o  auf die freie Wissenschaft, da der offene Zugang zu bestimmten wissenschaftlichen Ergebnissen eingeschränkt wird.

Wir fordern die Intensivierung der zivilen und friedensbildenden Forschung, anstatt zivile Einrichtungen für die militärische Forschung zu öffnen. Nur so können wir mit den großen, drängenden globalen Problemen wie dem Klimawandel und der sozialen Gerechtigkeit fertig werden, dazu beitragen, die ständig wachsende Gefahr eines Atomkriegs zu verringern, eine Lebensmöglichkeit für alle auf der Erde zu schaffen und das Überleben der Menschheit als Ganzes zu gewährleisten.

Wir, die unterzeichneten Wissenschaftler und Mitarbeiter von Forschungs- und Bildungseinrichtungen,

  • bekräftigen nachdrücklich unsere Weigerung, in irgendeiner Form an Projekten mit militärischen Zielen teilzunehmen (gemäß der CERN-Satzung und der Erklärung des Science Council von Japan)
  • fordern, dass die Zivilklauseln zum Standard für die Forschung werden und erweitert werden, so dass sie zu einer Vorlage für die internationale Zusammenarbeit werden,
  • fordern die Ausweitung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit zivilen Zielen in Übereinstimmung mit den Zivilklauseln, um die wichtigen und drängenden Fragen der Menschheit lösen zu können,
  • drängen darauf  Bildungseinrichtungen, die durch Kriege zerstört wurden, wieder aufzubauen und die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit allen Regionen, die von Kriegen und militärischen Konflikten betroffen sind, im Rahmen der Bildungsarbeit und der wissenschaftlichen Zusammenarbeit der UNESCO zu fördern.

This call is initiated by:
Science4Peace Forum Science4Peace@DESY
Contact: hannesjung@science4peace.com

Im Zuge der aktuell betriebenen Militarisierung der Gesellschaft wird auch im Wissenschaftsbereich versucht, Selbstverpflichtungen auf zivile Wissenschaft aufzuheben oder gleich ganz zu verbieten, wie jüngst in Bayern. Stattdessen braucht es verstärkt zivile und friedensbildende Forschung, denn nur so kann es gelingen, die großen, drängenden globalen Problemen zu bewältigen, die ständig wachsende Gefahr eines Atomkriegs zu verringern und gute Lebensbedingungen für alle auf der Erde zu schaffen.

Daher rufe ich dazu auf, die Petition „Die Öffnung ziviler Forschungseinrichtungen für militärische Projekte ist NICHT IN UNSEREM NAMEN!“ zu unterstützen. Sie richtet sich gegen die derzeit versuchte Ermöglichung von Militärforschung in der bisher – aus guten Gründen – rein zivilen Forschungseinrichtung DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) in Hamburg [Zu dem Konflikt am DESY hatte die Mopo am 28.6.24 berichtet: https://archive.ph/PNxaq]. 

Die Petition wurde von der Gruppe Science4Peace@DESY initiiert und in einem ersten Schritt von mehr als 10 % der DESY-Mitarbeiter*innen unterzeichnet. Gemeinsam mit weiteren Erstunterzeichnern und unterstützenden Organisationen, u.a. den Allgemeinen Studierendenvertretungen der Uni Hamburg und der Hochschule für angewandte Wissenschaft ist nun eine Petition bei change.org gestartet worden: https://www.change.org/p/opening-civil-research-facilities-to-military-projects-is-not-in-our-name

Sie verdient breite Unterstützung, sowohl um die Kollegen vor Ort zu unterstützen, als auch um die Opposition gegen die u.a. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung angestrebte Militarisierung der Wissenschaft zum Ausdruck zu bringen und zu stärken (vgl. den Kommentar der Bundesweiten Zivilklausel-Bewegung ).

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